Erbrecht bei Immobilien: Wie Sie im Erbfall richtig vorgehen

Das Erbrecht bei Immobilien gewinnt zunehmend an Bedeutung: Laut einer Studie der Deutschen Bank aus dem Jahr 2024 hat mehr als die Hälfte der Erbinnen und Erben eine oder mehrere Immobilien geerbt, was einen Anstieg von 14 % im Vergleich zur Studie von 2018 darstellt. Aufgrund dieser Entwicklung wird es immer wichtiger, sich rechtzeitig mit der eigenen Nachlassplanung auseinanderzusetzen.

Nahaufnahme eines Gesetzestextes mit hervorgehobenem Wort „Erbrecht“

Erbrecht bei Immobilien: Das Wichtigste in Kürze

  • Ohne Testament oder Erbvertrag gilt die gesetzliche Erbfolge.
  • Das Erbrecht für Immobilien sieht einen Pflichtteil für Kinder und Eheleute vor, den Erbinnen und Erben auszahlen müssen.
  • Innerhalb von 6 Wochen muss das Erbe angenommen oder ausgeschlagen werden. 
  • Im Erbfall geht die Immobilie automatisch an Erbinnen und Erben über. Sie müssen eine Grundbuchberichtigung vornehmen, die in den ersten 2 Jahren gebührenfrei ist. 
  • Bei Antritt des Erbes haften Erbinnen und Erben auch für etwaige Schulden. 
  • Freibeträge für Immobilienerben variieren je nach Verwandtschaftsgrad. Überschreitet der Immobilienwert den Betrag, wird eine Erbschaftssteuer fällig.
  • Eine Schenkung zu Lebzeiten kann helfen, die Erbschaftssteuer zu umgehen.

Wer erbt nach dem Erbrecht für Immobilien?

Das Erbrecht für Immobilien regelt, wer beim Tod der Eigentümerin oder des Eigentümers in die Rechtsnachfolge eintritt. Dabei gehen sowohl das Vermögen als auch alle damit verbundenen Verpflichtungen automatisch auf die Erbinnen und Erben über.

Vermächtnis

Sie können eine Immobilie auf unterschiedlichen Wegen übertragen. Bei einem Vermächtnis erhält eine Person einen festgelegten Nachlassgegenstand, ohne selbst Erbin oder Erbe zu werden. Der Anspruch muss gegenüber den Erbinnen und Erben geltend gemacht werden, die wiederum zur Erfüllung des Vermächtnisses verpflichtet sind.

Teilungsanordnung

Durch eine Teilungsanordnung kann die Erblasserin oder der Erblasser bestimmen, welche Person welchen Gegenstand aus dem Nachlass erhalten soll. Die Erbquote ändert sich dadurch nicht. Es kann jedoch dazu führen, dass eine Erbin oder ein Erbe den Miterbenden einen finanziellen Ausgleich zahlen muss, wenn sie oder er eine Immobilie zugesprochen bekommt.

Testament vs. Erbvertrag

Das Erbrecht bei Immobilien ermöglicht durch ein Testament oder einen Erbvertrag eine vom Gesetz abweichende Erbfolge. Während ein Testament einseitig durch die vererbende Person verfasst werden kann, bedarf der Erbvertrag der notariellen Beurkundung und wird zwischen mindestens 2 Parteien geschlossen. Daher ist ein Erbvertrag mit mehr Verbindlichkeit verbunden.

Pflichtteilsansprüche

Unabhängig von der gewählten Form müssen Pflichtteilsansprüche beachtet werden. Das Erbrecht für Immobilien sieht einen Pflichtteil vor – in der Regel für Kinder und Eheleute. Pflichtteilsberechtigte erhalten kein Eigentum an der Immobilie, können aber eine Geldzahlung verlangen. Die Höhe des Pflichtteils entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbteils, berechnet auf Basis des gesamten Nachlasswerts.

Testament

Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt ohne Testament?

Gibt es kein Testament oder keinen Erbvertrag, greift die gesetzliche Erbfolge. Diese ordnet die Erbberechtigten in sogenannte Ordnungen ein:

Erbstufe Verwandtschaftsverhältnis
1. Ordnung Kinder und Enkelkinder
2. Ordnung Eltern, Geschwister, Neffen und Nichten sowie deren Kinder
3. Ordnung Großeltern, Onkel und Tanten, Cousins und Cousinen sowie deren Kinder
4. Ordnung Urgroßeltern, Großonkel und -tanten sowie deren Nachfahren
5. Ordnung Ururgroßeltern, Urgroßonkel und -tanten sowie deren Nachfahren

Aufteilung nach gesetzlicher Erbfolge

Es erbt immer die höchste Ordnung mit noch lebenden Angehörigen. Innerhalb dieser Ordnung wird das Erbe gleichmäßig aufgeteilt:

  • Beispiel: 4 Kinder → je ¼ des Erbes
  • Beispiel: 2 Elternteile → je ½ des Erbes

Sonderstellung von Eheleuten und Lebenspartnerschaften

Verheiratete sowie eingetragene Lebenspartnerinnen und -partner nehmen eine Sonderstellung ein, ihr Anteil richtet sich nach dem Güterstand und der Erbordnung:

  • Neben Erbinnen und Erben 1. Ordnung (z. B. Kinder): ½ des Nachlasses im gesetzlichen Güterstand (Zugewinngemeinschaft)
  • Neben Erbinnen und Erben 2. Ordnung (z. B. Eltern, Geschwister): ¾ des Nachlasses

Sie stehen also über den Verwandten der 1. Ordnung, wenn es um ihre gesetzliche Mindestbeteiligung geht.

Wert der Immobilie bei Erbschaft klären

Durch das Erbrecht bei Immobilien übernehmen Erbinnen und Erben nicht nur Vermögenswerte, sondern auch mögliche Verbindlichkeiten. Daher ist es wichtig, den Wert und Zustand der Immobilie genau zu prüfen, bevor das Erbe angenommen oder ausgeschlagen wird. Mit Eintritt des Erbfalls haben Sie 6 Wochen Zeit, um diese Entscheidung zu treffen. Ist die Frist verstrichen, gilt das Erbe automatisch als angenommen. 

Um eine fundierte Entscheidung treffen zu können, empfiehlt sich ein Blick ins Grundbuch. Hier finden sich Hinweise auf bestehende Belastungen wie Hypotheken, Grundschulden oder Dienstbarkeiten, die den Immobilienwert beeinträchtigen. Übersteigen die Schulden den Wert der Immobilie, kann es sinnvoll sein, das Erbe auszuschlagen.

Neben finanziellen Verpflichtungen spielt auch die Nutzbarkeit und bauliche Verfassung eine Rolle. Eine sanierungsbedürftige Immobilie kann erhebliche Folgekosten verursachen. Gerade bei einer geplanten Vermietung kann es passieren, dass die Mieteinnahmen die Sanierungskosten nicht decken.

Im Rahmen des Erbrechts für Immobilien sollten Erbinnen und Erben außerdem bedenken, dass neben laufenden Darlehen auch Ansprüche aus Pflichtteilen oder Vermächtnissen auf sie zukommen können.

Wie gehen Sie im Rahmen des Erbrechts bei Immobilie vor?

Mit dem Erbfall ändert sich das Eigentumsverhältnis, daher ist eine Berichtigung des Grundbucheintrags notwendig. Erfolgt die Eintragung innerhalb von 2 Jahren nach dem Erbfall, ist sie gebührenfrei. 

Im nächsten Schritt stellt sich die Frage, wie mit der Immobilie umgegangen werden soll. Zur Wahl stehen in der Regel 3 Optionen: 

  1. selbst bewohnen, 
  2. vermieten 
  3. oder verkaufen. 

Bei Vermietung werden nur 90 % des Verkehrswerts zur Berechnung der Erbschaftssteuer angesetzt. Gleichzeitig fallen auf Mieteinnahmen Einkommensteuern an. Prüfen Sie daher, ob sich die Einnahmen gegenüber den laufenden Kosten rechnen. Vom Erblasser vereinbarte Mietverhältnisse bleiben bestehen, können aber bei Eigenbedarf mit entsprechender Frist gekündigt werden.

Verkaufen Sie die Immobilie, empfiehlt sich eine professionelle Immobilienbewertung. Sie bildet die Basis für eine realistische Preisvorstellung. Offene Grundschulden oder Hypotheken müssen aus dem Verkaufserlös getilgt werden. Besteht noch ein laufendes Darlehen, kann es sinnvoll sein, den Ablauf der Zinsbindung abzuwarten, um Vorfälligkeitsentschädigungen zu vermeiden. In bestimmten Fällen kann außerdem die Spekulationssteuer anfallen.

Erbschaftssteuer im Immobilienerbrecht

Das Erbrecht bei Immobilien sieht vor, dass beim Vererben von Immobilien eine Erbschaftssteuer anfällt, sofern der Immobilienwert die geltenden Freibeträge übersteigt. Überschreitet der Immobilienwert den jeweiligen Freibetrag, wird nur der übersteigende Anteil besteuert. 

Grundlage für die Berechnung ist der Verkehrswert der Immobilie. Die Freibeträge unterscheiden sich je nach Verwandtschaftsgrad: 

  • Verheiratete und eingetragene Lebenspartnerinnen und -partner: 500.000 €
  • Kinder: 400.000 €
  • Enkelinnen und Enkel: 200.000 €
  • Großeltern: 100.000 €
  • Andere Personen: 20.000 € 

Schon gewusst?

Wer ein Haus unter Wert verkaufen will, kann als Erblasserin oder Erblasser vorausschauend planen. Eine Möglichkeit, die Erbschaftssteuer zu umgehen, ist die Schenkung zu Lebzeiten. Dabei kann die Immobilie unter Einräumung eines Wohn- oder Nießbrauchrechts weiter genutzt werden. Gleichzeitig erlaubt es die Schenkungssteuer, den Freibetrag alle 10 Jahre erneut auszuschöpfen.

Was ist ein Erbschein?

Ein Erbschein ist gemäß Erbrecht für Immobilien der amtliche Nachweis darüber, wer rechtmäßige Erbinnen und Erben sind und in welchem Umfang ihnen der Nachlass zusteht. Damit kann das Erbe belegt und über Immobilien verfügt werden.

Sobald ein Erbschein beantragt wird, gilt das Erbe als angenommen. Der Antrag erfolgt beim Nachlassgericht und ist mit Kosten verbunden, die sich am Wert des gesamten Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalls orientieren.

Da das Verfahren kosten- und zeitintensiv sein kann, lässt sich die Erbenstellung oft einfacher durch ein notarielles Testament nachweisen. Kommt es zu Erbstreit innerhalb einer Erbengemeinschaft, werden diese im Rahmen des Erbscheinverfahrens geklärt.

Nahaufnahme eines Textes mit hervorgehobenem Wort „Erbschein“ in roter Schrift

Was ist die Erbengemeinschaft im Erbrecht für Immobilien?

Eine Erbengemeinschaft entsteht automatisch, wenn mehrere Personen eine Immobilie gemeinsam erben. Nach dem Erbrecht für Immobilien bedeutet das: 

Der Nachlass gehört allen gemeinsam, bis er aufgeteilt wird.

In der Erbengemeinschaft sind alle Miterbinnen und Miterben gemeinsam für die Verwaltung der geerbten Immobilie zuständig. Während einfache Entscheidungen mit Stimmenmehrheit getroffen werden können, erfordern wichtige Maßnahmen die Zustimmung aller Beteiligten. Häufig entsteht dadurch Streit in der Familie oder ein langwieriger Erbstreit. 

Der Nachlass bleibt gemeinsames Eigentum, bis sich alle geeinigt haben. Im Erbauseinandersetzungsvertrag wird diese Einigung festgehalten. Eine Möglichkeit ist, dass ein Mitglied der Erbengemeinschaft die Anteile der anderen übernimmt und sie auszahlt. Wenn in einer Erbengemeinschaft ein Erbe im Haus wohnen möchte, muss er den Miterbinnen und Miterben eine Nutzungsentschädigung zahlen.

Lässt sich keine Einigung im Erbstreit erzielen, kann jede Partei die Teilungsversteigerung beantragen. Die Immobilie wird dann öffentlich versteigert. Dieses Verfahren dauert oft Jahre und führt in vielen Fällen zu einem geringeren Verkaufserlös.

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